Internationale Jugendmobilität 360°: Anregungen für die Praxis, Kooperationen in Forschung und Lehre, Internationalisierung auf allen Ebenen
07. Dezember 2017, Mitweida
An der Hochschule Mittweida fanden zwei halbtägige Workshops für regionale Fachkräfte der (Internationalen) Jugendarbeit sowie Dozent*innen der Fakultät Soziale Arbeit, dem Akademischen Auslandsamt und dem Referat für Internationalisierung statt. Beide Veranstaltungen wurden vom Projekt uferlos organisiert, einer Kampagne zur Aktivierung der Internationalen Jugendarbeit im Freistaat Sachsen bei der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen e. V. (AGJF e.V. Sachsen). In jeweils kleiner Runde konnte gezielt und unter Berücksichtigung individueller Anliegen informiert, beraten und neue Vernetzungen angestoßen werden. Auch die hohe Motivation aller Teilnehmenden trug dazu bei, Kooperationen auf verschiedenen Ebenen zu initiieren – in rundum sehr angenehmer Arbeitsatmosphäre.
Nach einer kurzen Begrüßung durch die Dekanin der Fakultät Soziale Arbeit standen im Workshop 1 am Vormittag die „Praktiker“ der (Internationalen) Jugendarbeit vor Ort im Mittelpunkt, vertreten durch einen freien Träger und das Referat Jugendarbeit im Landratsamt Mittelsachsen sowie durch das seit einem Jahr aktive Projekt uferlos. Schon in der Vorstellungsrunde wurde deutlich, dass sie (persönlich) für die Internationale Jugendarbeit „brennen“, aber eher „Einzelkämpfer“ sind, da es erst wenige qualifizierte Fachkräfte bzw. Träger gebe. Der Bereich Internationales habe bei den für Jugendarbeit Verantwortlichen im Land noch nicht den hohen Stellenwert, den man sich wünsche. Es wurde sehr begrüßt, dass durch das Treffen auch die persönlichen Kontakte zwischen den lokalen Akteuren einschließlich der Hochschule intensiviert werden.
Dr. Werner Müller gab einen ausführlichen Überblick über Strukturen, Zuständigkeiten, Inhalte und Angebote der Internationalen Jugendmobilität in Deutschland. Dabei wies er insbesondere auf die (wissenschaftlich belegbare) Erkenntnis hin, dass für wenig reise-erfahrene Jugendliche oft Einstiegsformate wie Freizeiten oder Kinder- und Jugendreisen (ins Ausland) eher geeignet seien, um erste Reiseerfahrungen ohne Eltern zu sammeln. Dies konnten auch die anwesenden „Praktiker“ bestätigen. Die Teilnehmenden diskutierten intensiv die ihnen wichtigen Aspekte zur Weiterentwicklung der Internationalen Jugendmobilität und der Internationalisierung der eigenen Organisation/Institution. Daraus ergab sich eine Reihe konkreter Vereinbarungen für weitere Aktivitäten und Maßnahmen, darunter die Planung für eine Kooperation der Fakultät Soziale Arbeit mit uferlos bezüglich eines Fachkräfteaustausches, die Einbindung des Akademischen Auslandsamtes in ein Alumni-Projekt (über transfer), sowie weitere Beratungen einerseits durch, andererseits für uferlos. Es ist allen Beteiligten zu wünschen, dass sie mit ihrem Engagement auch andere Verantwortliche nachhaltig „anstecken“.
Beim 2. Workshop am Nachmittag ging es um die Internationale Jugendmobilität als Bildungsinhalt bei Studierenden und Lehrenden. Die Hochschule war mit zwei Professorinnen der Fakultät Soziale Arbeit und der Referentin für Internationalisierung vertreten. Alle drei bedauern das zurückhaltende Interesse der Studierenden an Auslandsaufenthalten bzw. am Thema Internationalisierung, trotz der bestehenden Angebote und zahlreichen Kooperationen mit europäischen und außereuropäischen Hochschulen (z.B. Kanada, Russland); so nahm beispielsweise auch eine „zufällig“ anwesende Vertreterin der norwegischen Partnerhochschule an der Veranstaltung teil. Die Anwesenden zeigten sich offen für weitere Ansätze zur Intensivierung des Austauschs mit anderen Hochschulen, für Studierende wie für Lehrende. Auch gäbe es Ideen für eine stärkere Einbindung der auslandserfahrenen Studierenden durch den Ausbau eines Alumni-Netzwerkes (wurde am Vormittag diskutiert).
Die beiden Professorinnen der Fakultät Soziale Arbeit zeigten starkes Interesse daran, für den Bereich Internationale Jugendmobilität einen eigenen Studiengang bzw. ein entsprechendes Modul zu etablieren. Dies wurde von den Anwesenden sehr begrüßt und kann über transfer konkret durch Vermittlung eines bestehenden Konzeptes für eine andere Hochschule unterstützt werden. Wenn sich diese Idee verwirklichen ließe, könnte dies zum einen ein echter Meilenstein für die weitere Qualifizierung und Professionalisierung der IJA sein, zum anderen aber auch der Hochschule in Fachkreisen bundesweite Aufmerksamkeit verschaffen. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklungen wäre das Gelingen eines solchen Pilotprojekts von großer Bedeutung und beispielhaft für andere Hochschulen, nicht nur im Bereich Soziale Arbeit.
In diesem Zusammenhang könnte sich wiederum eine Kooperation mit dem Projekt uferlos ergeben, das bisher als Fach- und Serviceangebot in Sachsen an der Hochschule nicht bekannt war. In einem weiteren Treffen soll hier zunächst diskutiert werden, welche Formate oder Angebote realisiert werden könnten (z.B. auch Praktika oder Themen für wissenschaftliche Arbeiten).
Dr. Müller stellte außerdem das Netzwerk „Forschung und Praxis im Dialog“ und dessen Aktivitäten vor, darunter insbesondere die aktuelle „Zugangsstudie“. Die Hochschule wurde ausdrücklich zur Teilnahme am nächsten Jahrestreffen im November 2018 eingeladen, ebenso wie die Möglichkeit der Teilnahme an der Auswertungstagung zur „Zugangsstudie“ im Juni 2018, was beides auf großes Interesse stieß.
Frei nach dem berühmten Schlusssatz aus dem Filmklassiker „Casablanca“ könnte dies hier auf vielen Ebenen der Beginn einer wunderbaren Zusammenarbeit sein. Denn „aus Ideen entfalten sich Dinge – und das hängt auch an Menschen, nicht nur an Institutionen“, wie ein Teilnehmer anmerkte.
Astrid Kösterke