Zum jährlichen Konsultationstreffen von „Forschung und Praxis im Dialog: Internationale Jugendarbeit (FPD)“ kamen am 09. und 10. Oktober 2017 über 30 Vertreter*innen von Trägerorganisationen, Hochschulen und anderen Akteuren der Internationalen Jugendarbeit in der Jugendherberge Bad Hersfeld zusammen. Etwa ein Drittel von ihnen war zum ersten Mal dabei. Neueinsteiger*innen konnten sich beim Vorabtreffen, das von Dr. Werner Müller und Ulrich Ballhausen moderiert wurde, über Hintergründe, Strukturen und geplantes Vorgehen beim Konsultationstreffen informieren.
Das neue Leitungsteam von FPD, Andreas Rosellen und Annegret Warth, begrüßte anschließend alle Teilnehmenden und freute sich, dass die Einladung zum Treffen wieder auf große Resonanz gestoßen war. Zudem stellten sie den geplanten Ablauf mit der inhaltlichen Dreiteilung vor: Nach einer Information über aktuell laufende Projekte präsentierten sich neue (potenzielle) Kooperationspartner*innen. Danach wurden Projektideen vorgestellt und in einzelnen Arbeitsgruppen diskutiert und weiterentwickelt. Alle Ergebnisse sind in der Dokumentation nachzulesen, die hier zum Download bereitsteht.
Der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis begann mit einer interaktiven Informationsrunde. Die derzeit von FPD unterstützten Projekte und Aktivitäten wurden in unterschiedlicher Art und Weise präsentiert, teilweise auch in parallellaufenden Gesprächen in Kleingruppen. So kamen die Anwesenden direkt miteinander ins Gespräch und konnten sich je nach Interessenschwerpunkt vertieft informieren und gemeinsam diskutieren.
In den acht vorgestellten Projekten sind sehr unterschiedliche Themenbereiche bearbeitet oder von FPD unterstützt worden. Zu den präsentierten Forschungsvorhaben zählte unter anderem ein kleineres, innovatives Projekt mit großem Potenzial, das verschiedene Peer-Ansätze in der IJA untersucht und deutschlandweit quantifizieren wird. Mit Hilfe der umfangreichen „Zugangsstudie“, gefördert vom BMFSFJ sowie der Robert Bosch Stiftung, sollen schwerpunktmäßig Hemmnisse und Hinderungsgründe bisher unterrepräsentierter Zielgruppen in internationalen Jugendbegegnungen analysiert werden. FPD koordiniert dabei die Zusammenarbeit der Forschungspartner*innen sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Ein Pilotprojekt thematisiert internationale Jugendmobilität in ländlichen Räumen mit ihren oftmals engen sozialen Strukturen und analysiert deren mögliche Nutzung zur Erreichung von Jugendlichen.
Ein weiteres, für das Netzwerk typisches Projekt stellt die Zusammenarbeit von FPD mit der Informations- und Beratungsstelle für Auslandsaufenthalte in der Beruflichen Bildung (IBS/BIBB) dar. In diesem Rahmen sollen Best-Practice-Beispiele gesammelt und regionale Modelle entwickelt werden, um mehr Jugendlichen in Berufsausbildung einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen. Bei den vier weiteren laufenden Projekten geht es um eine Unterstützung der Internationalisierung von Trägerorganisationen, die Weiterentwicklung und Intensivierung von Hochschulkooperationen (um IJA stärker in Lehre und Forschung einzubringen), die aktuell intensive Diskussion über die politische Dimensionen in der IJA (s.u.) sowie das umfangreiche Konzept für ein schon länger geplantes Berichtwesen zur Internationalen Jugendarbeit.
In der zweiten Phase des Treffens stellten sich die vier eingeladenen (potenziellen) neuen Partner*innen mit ihren Projekten vor, davon zwei Forschungsvorhaben zu internationaler Jugendmobilität, die sich bereits in der Abschlussphase befinden. Sie sind beide Teil des EU-Programms „Horizon 2020“. Das vom DJI (Außenstelle Halle) durchgeführte Projekt „MOVE“ untersuchte für sechs europäische Länder, wie internationale Mobilität zur sozioökonomischen und persönlichen Entwicklung junger Menschen beitragen kann. Hier besteht bereits ein inhaltlicher Austausch mit dem Forschungsteam der „Zugangsstudie“.
Beim zweiten Projekt, welches ein Teil der unter „YMOBILITY“ laufenden Forschungen ist, ging es um eine innovative Nutzung von Peer-Ansätzen. Jugendliche können mit dieser Methode besonders gut erreicht werden und eigene thematische Vorschläge einbringen. Gleichzeitig bewirkt dieses Vorgehen eine Internationalisierung der beteiligten jungen Leute, da sie selbst direkt in Kontakt mit Gleichaltrigen aus anderen Ländern kommen.
Spannend war zudem die Vorstellung der beiden erstmals teilnehmenden Förder-organisationen: Zum einen der BMZ-finanzierte Freiwilligendienst „weltwärts“, der neuerdings eine neue Förderlinie hat, wodurch nun auch Gruppenbegegnungen sowie Rückbesuche von Jugendlichen aus Ländern des globalen Südens möglich sind. Zum anderen der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds (DTZF), der von Prag aus grenzübergreifend agiert, über vielfältige Fördermöglichkeiten verfügt und viel Potential für eine zukunftsfähige Zusammenarbeit bietet.
Der dritte und letzte Teil des Treffens war dem Blick nach vorn gewidmet – in diesem Jahr auf insgesamt sechs neu entwickelte Projektideen, die in Arbeitsgruppen weiter diskutiert und konkretisiert wurden. Dabei zeigte sich einmal mehr, wie innovativ der interdisziplinäre und trägerübergreifende Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis wirken kann. Bei einem der sechs Projektvorschläge ging es beispielsweise um die Weiterentwicklung von Peer-Ansätzen auf europäischer Ebene, basierend auf einer Kooperation zwischen dem bereits unter dem Dach von FPD laufenden und dem neu vorgestellten Projekt. Aus den intensiven Gesprächen in den Arbeitsgruppen zu „weltwärts“-Begegnungen sowie dem DTZF wurden ebenfalls erste Projektideen erarbeitet. Das Pilotprojekt zu internationaler Jugendarbeit in ländlichen Regionen soll nun durch Fallstudien ergänzt werden. Besonders zu erwähnen ist hier das derzeit stark diskutierte Thema „Politische Dimension der Internationalen Jugendarbeit“, dessen Vernachlässigung man kurzfristig mit Schulungen von Mitarbeiter*innen und mittelfristig mit verschiedenen Bausteinen für Forschung und Praxis entgegenwirken möchte. Dazu sollen nach Erarbeitung einer thematischen Expertise beispielsweise Forschungs- und Praxiskolloquien durchgeführt werden.
Durch einen Dialogbeitrag von Herrn Klein-Reinhardt, Referent für europäische und internationale Jugendpolitik im BMFSFJ, wurde erneut unterstrichen, welch hohen Stellenwert politische Bildung in der IJA haben sollte und welche Chancen zur Demokratieförderung sich bieten würden, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. Gleichzeitig bedauerte er, dass es kaum gelingen würde, die Medien für Themen und Ziele der Internationalen Jugendarbeit zu gewinnen, obwohl hier seit langem nachweislich wichtige Beiträge für die persönliche und berufliche Qualifizierung junger Menschen geleistet werde. Einige Anwesende stimmten Herrn Klein-Reinhardt ausdrücklich zu. Sie haben seine Äußerungen als Aufforderung gesehen, hier konzeptionell neu zu denken.
Im Anschluss an das Konsultationstreffen tagte wie üblich die Koordinierungsgruppe von FPD. Die in den Arbeitsgruppen weiterentwickelten Projektideen wurden nochmals diskutiert und für den Projektantrag 2018 vorbereitet. Dank motivierter Teilnehmender hat auch in diesem Jahr ein engagierter und fachlich hochwertiger Austausch stattgefunden. In Bad Hersfeld wurde eine solide Grundlage für die Projekte und Aktivitäten in 2018 erarbeitet, die einen Beitrag dazu leisten können, die Praxis in der Internationalen Jugendarbeit weiterzuentwickeln und neue Forschungsergebnisse zu generieren.
Das Team von FPD bedankt sich bei allen involvierten Partner*innen, der Jugendherberge Bad Hersfeld und dem BMFSFJ für die Unterstützung bei und Förderung der Veranstaltung. Gerne können Sie sich bereits heute den Termin für das Konsultationstreffen im kommenden Jahr vormerken. Vom 05.-06. November tagen wir in Köln.
Die ausführliche Dokumentation finden Sie hier.